Maria und Wolfgang erklären die Pilates Übung Pelvic Tilt an der Wand

Pilates Technik erklärt

Pilates & Faszien (3)

Mit Pilates Schmerzen auflösen. Wie geht das?

11. Juli 2022, von Mag. Maria Felsner

Inwieweit können wir über eine bewusste Atmung Spannung aus dem Körper nehmen? Wie können wir die Verbindung zwischen Zwerchfell und Beckenboden über die Atmung vertiefen? Welche Rolle spielen dabei die Faszien– und Muskelketten des Zwerchfells, des Hüftbeugers und vom Beckenboden?
Diesen Fragen möchte ich in diesem Artikel auf den Grund.

Schmerzen in Hüfte und Lenden

Man geht davon aus, dass 98 % der unspezifischen Schmerzen in der Hüfte und im unteren lumbalen Bereich des Rückens (Lenden) durch Störungen der Spannung der Muskulatur sowie auch durch Muskeldegeneration entstehen.

Selten sind spezifische pathologische Ursachen wie zum Beispiel ein Prolaps (Bandscheibenvorfall) oder eine Infektion für die Schmerzen verantwortlich.

Ob die Ursache der Schmerzsymptomatik nur an diesen sogenannten Störungen liegt, ist in Fachkreisen noch nicht geklärt.

Eine Kettenreaktion…

Was passiert bei einer Störung der Spannung im Hüftbeuger (Iliopsoas)?

Bei zu viel Spannung im Hüftbeuger ist nicht nur die Bewegung in der Hüfte eingeschränkt, sondern auch die aufrechte Haltung. Ein hoher Tonus im Hüftbeuger kann somit die Ursache sein, dass wir weder das Bein frei vor– und zurückschwingen noch den Oberkörper über dem Becken halten können.

Ist der Hüftbeuger abgeschwächt, verliert er als Stabilisator im Lendenwirbelbereich eine seiner wichtigen Funktionen.

In weiterer Folge kommt es zu einer eingeschränkten Atmung, da sich der Brustkorb nicht mehr funktionell in alle Richtigen ausdehnen kann und das Zwerchfell in seiner natürlichen Schwingung gebremst wird.

Durch die eingeschränkte Atmung und Haltung wird der Beckenboden wiederum falsch belastet, was sich negativ auf seine Funktionalität auswirkt.

Auch die umliegenden Organe Niere, Nebenniere, Darm und Blinddarm werden durch die Spannungsstörung eingeengt. Dadurch entsteht ein gewisser Druck auf den impulsgebenden Nerv, was wiederum Entzündungen und sogar Verdauungsprobleme auslösen kann.

Wenn wir uns die Verbindung der drei Bereiche Zwerchfell, Beckenboden und Hüftbeuger etwas genauer ansehen, wird es wahrscheinlich verständlicher, wie diese drei Systeme nicht nur über unsere Muskeln, sondern auch über die Faszien zusammenspielen.

Zwerchfell, Synonym: Diaphragma

Das Diaphragma ist eine funktionelle Muskel–Faszien–Sehnenplatte mit zwei Kuppeln, dem sogenannten Centrum Tendineum. Die rechte Kuppel liegt auf Grund der Leber etwas höher. Zwischen den beiden Kuppeln bildet das Diaphragma eine Vertiefung, welche durch das Herz und den Herzbeutel (auch Pericardium oder Perikard) verursacht wird.

Auch steht das Diaphragma in direktem Kontakt mit den Lungen und grenzt die weiteren Organe Herz, Leber, Magen und Milz ab.

Die unteren Fasern des Zwerchfells stehen wiederum mit den oberen Fasern des Psoas Major und Psoas Minor in Verbindung, welche zusammen mit dem Iliacus den Iliopsoas (Hüftbeuger) bilden.

Die Bindegewebsstränge und Hüllen des Psoas Major verlängern sich weiter und stellen die Verbindung zum Beckenboden mit seinen drei Schichten her.

Grafik zur Erklärung des Hüftbeugers (Iliopsoas) mit Psoas Minor, Iliacus und Psoas Minor eingezeichnet

Der Beckenboden

Der Beckenboden ist ein funktionelles Netzwerk von Muskelfasern, Faszien und Sehnen/Bindegewebsschichten mit vielen Aufgaben.

Der Beckenboden trägt und schützt die Bauch– und Beckenbodenorgane und öffnet und schließt die Körperöffnungen. Er ist zuständig für die Kontinenz und muss gleichzeitig beim Geschlechtsverkehr, Harnlassen und Stuhlgang loslassen und entspannen können.

Eine weitere wichtige Funktion des Beckenbodens ist, dass er über sein Kraftzentrum zur Stabilisierung der Wirbelsäule dient und daher auch zu einer gesunden Haltung beiträgt.

In Bezug auf die Faszien, welche nicht nur unsere gesamte Skelettmuskulatur, sondern auch die Organe, Gefäße und Nerven umschließen und sogar das Gehirn beeinflussen, können wir erkennen, dass wir das Zwerchfell nicht vom Beckenboden getrennt betrachten können.

Der Hüftbeuger, lat. Iliopsoas

Wie oben kurz beschrieben und bildlich dargestellt besteht der Hüftbeuger aus drei Muskelsträngen: dem Psoas Major, dem Psoas Minor (welcher bei älteren Menschen oft nicht mehr vorhanden ist) sowie dem Iliacus.

Durch seinen komplexen Verlauf dank der verschiedenen anatomischen Landmarken ist diese Muskel–, Faszien– und Bandstruktur ist kompliziert.

Um die Verbindung vom Oberkörper zu den unteren Extremitäten zu verstehen, ist es für uns interessant zu wissen, dass eine Schicht des Psoas Major von den letzten Brustwirbeln bis zu den Lendenwirbeln samt ihren Bandscheiben entspringt.

Die tiefe Schicht hingegen entspringt an den Querfortsätzen des 1. bis 4. Lendenwirbels.

Der Iliacus entspringt an der Fossa iliaca, der Darmbeingrube (auch Hüftschaufel genannt).

Beide haben ihren Ansatz wiederum am Trochanter Minor, einem Knochenvorsprung an der Innenseite des Oberschenkelknochens.

So kann man verstehen, dass der Hüftbeuger nicht nur die Hüfte beugt, sondern auch eine stabilisierende Funktion hat und gleichzeitig eine wichtige Rolle zwischen Zwerchfell und dem Beckenboden herstellt und sehr nahe an den oben erwähnten Organen liegt.

Joseph Pilates, Portrait

„Körperliche Fitness ist die erste Voraussetzung für Glück. Unsere Interpretation der körperlichen Fitness ist die Erreichung und Aufrechterhaltung eines einheitlich entwickelten Körpers mit einem gesunden Geist, der in der Lage ist, auf natürliche, einfache und zufriedenstellende Weise unsere vielfältigen täglichen Aufgaben mit spontaner Lust und Vergnügen auszuführen.“

JOSEPH PILATES

Hier kannst du unsere LIVE Pilates Stunde zum Thema nachsehen. In dieser LIVE Stunde vertiefen wir die Tipps zum Thema „Pilates & Faszien 3 — mit Pilates Schmerzen auflösen“.

So gehts

Wie können wir die beschriebene Kettenreaktion positiv beeinflussen?

  • AUSRICHTUNG des BECKENS über die BECKENKIPPUNG „Pelvic Tilt“
    Über den Pelvic Tilt schulen wir die Beckenkoordination. Diese ist wichtig für die Beckenhaltung und die Ausrichtung der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten.

    Maria bei der Pilates Übung Pelvic Tilt, mit Erklärungsgrafik

    Mit der Übung Pelvic Tilt trainieren wir nicht nur die Muskeln des untern Rückens und der Bauch– und Beckenbodenmuskulatur, sondern dehnen und mobilisieren auch gleichzeitig den unteren Rücken, sprich die Lendenwirbelsäule.
  • LÖSEN von SPANNUNGEN im ZWERCHFELL über die ATMUNG
    Im Normalfall spannt sich das Zwerchfell in der Einatmung an, seine Kuppeln senken sich und es entsteht eine sogenannte Druckwelle nach unten Richtung Beckenboden.

    Der Beckenboden entspannt sich, indem er der Welle nachgibt.

    In der Ausatmung entspannt das Zwerchfell. Gleichzeitig spannt sich der Beckenboden an und unterstützt die Ausatmung durch sein Anheben mit.

    Ist das Zwerchfell verspannt, ist nicht nur die Atmung eingeschränkt. Es können zudem verschiedenste Schmerzen und Beschwerden ausgelöst werden.

    Ursachen für Verspannungen können eine aktive Überlastung sein — zum Beispiel durch Laufen und längeres Husten — oder auch sogenannte Satelliten–Triggerpunkte. Dies bedeutet, dass die Ursache des Schmerzes nicht im Zwerchfell liegt, sondern zum Beispiel im Abdominis Rectus (Bauchmuskel), dieser jedoch die Schmerzen wie ein Satellit „in das Zwerchfell sendet“.

    Lösungsansätze sind:
    Ausrichtung, Selbstmassage, Pumpatmung, entspannte Rückenlage.
  • LÖSUNG von SPANNUNG und IMMOBILITÄT im HÜFTBEUGER mit gleichzeitiger FUNKTIONELLER KRÄFTIGUNG des LUMBALEN BEREICHS
    Auch die Experten sind sich nicht einig, ob eine Dysbalance des Hüftbeugers die Ursache Nr. 1 für Rückenschmerzen ist.

    Aus meiner über 25–jährigen Praxis habe ich jedoch feststellen können, dass eine Kombination aus Bewegung, Atmung, Entspannung und bewusster Körperwahrnehmung die Symptome lindern und sogar ausschalten kann.

    In einem sind sich die meisten Experten jedoch einig. Nicht nur körperliche Faktoren wie unter anderem die Genetik tragen zur Schmerzsymptomatik bei. Auch psychische sowie soziale Faktoren tragen dazu bei, von chronischen lumbalen Rückenschmerzen geplagt zu werden.

    Somit liegt der Symptomatik keine pathologische Diagnose vor, sondern eher das Symptom, welches aus verschiedenen Ursachen resultiert.

    Lösungsansätze sind:
    Selbstmassage, Entspannung, Dehnung und Kräftigung

Fazit

Fassen wir all diese Punkte zusammen, lässt sich festhalten, dass es in erster Linie wichtig ist, sich gut auszurichten, um Bewegungen optimal auszuführen und richtig durchatmen zu können.

Unsere Gelenke brauchen Mobilität, Stabilität wie auch Flexibilität. Unsere Muskeln und Faszienlinien müssen permanent gefördert und trainiert werden.

Unterstützten wird das Training mit Selbstmassage der Faszien über Druck oder Streichungen, durch Entspannungsübungen, gezielter Atmung und Meditation haben wir ein großes Spektrum abgedeckt, welches zum Wohlbefinden in allen Bereichen beiträgt.

Das alles erreichst du mit einem regelmäßiges Pilates Training mit unserem Online Pilates Kurs.

PS: Mit unserem Pilates Trainingskalender kannst du spielend einfach das regelmäßige Pilates Training in deinen Alltag integrieren und bleibst motiviert.

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